NGWX Praxisbericht: Das Beste aus Mitarbeiterbefragungen machen

Mitarbeiterbefragungen sind ein weit verbreitetes Werkzeug, um ein möglichst unverblümtes Stimmungsbild der eigenen Belegschaft in Erfahrung zu bringen. Oft finden diese einmal jährlich statt und folgen dem immer gleichen Ablauf. Ergebnisse werden von oben nach unten durchgereicht, Maßnahmen werden definiert und im Anschluss mit unterschiedlicher Stringenz nachverfolgt. Das Problem: Häufig werden Maßnahmen durch Taskforces, Stabsstellten oder die Führungskräfte selbst definiert. Die Betroffenen - nämlich die Mitarbeiter:innen - bleiben häufig ungefragt. Einen anderen Weg ist einer unserer Kunden eines deutschen Industrieunternehmen mit uns gegangen. Mit allen Mitarbeiter:innen der Abteilung wurde ein gemeinsames Verständnis darüber entwickelt, was das eigene Arbeitsumfeld wirklich verbessert - Maßnahmen also, die das Potential haben im Alltag anzukommen.

Viele Unternehmen haben erkannt, dass ihre Mitarbeiter:innen eine der wichtigsten Anspruchsgruppen sind. In einer Zeiten, in der wir uns immer mehr von einer Industriegesellschaft hin zu einer Wissensgesellschaft entwickeln, rückt der Faktor Mensch mit all seinen Fähigkeiten, Wünschen und Bedürfnissen wieder zunehmend in den Mittelpunkt.

Ein gängiges Werkzeug um das aktuelle Stimmungsbild der eigenen Belegschaft einzufangen ist die Mitarbeiterbefragung. Es handelt ich hierbei um eine jährliche stattfindende, in selten Fällen auch häufiger, Befragung mit Hilfe eines Online Fragebogens. Jeder Mitarbeiter ist angehalten mehrere Fragen zur Zusammenarbeit innerhalb und zwischen Abteilungen, dem Verhalten der Führungskraft, seiner generellen Zufriedenheit, uvm. zu machen. Vor allem in Unternehmen die eine geringe psychologische Sicherheit bieten, ist die anonyme Mitarbeiterbefragung eine Möglichkeit seinen Unmut kundzutun.

Was dann häufig vonstatten geht ist ein bekannter Ablauf der häufig demselben Muster folgt. Eine zentrale Stelle sammelt, analysiert und konsolidiert die Ergebnisse, die wiederum bis auf Gruppenebene heruntergebrochen werden können. Es beginnt eine Phase des „durchreichens“ von Oben nach Unten und eine nicht vernachlässigbare Anzahl von Sitzungen wo über die Ergebnisse debattiert wird. Die jeweiligen Einheiten, Abteilungen und Gruppen werden aufgefordert, Gegenmaßnahmen zu definieren. Der Imperativ lautet hier, dass sich die Ergebnisse bis zur nächsten Befragung zu verbessern haben. Die vielen Maßnahmen werden dann konsolidiert, nach oben gereicht und zumindest für einige Zeit zum Gegenstand bestimmter Berichterstattung gemacht.

Wie solche Maßnahmen auf Gruppen oder Abteilungseben zustande kommen, dass kann höchst unterschiedlich ausfallen. Mal gibt es eine Taskforce, mal ist das ein „Sonderthema“ für die Stabsstelle oder es ist eben gleich Chefsache. Am naheliegensten ist es jedoch, die Betroffenen – nämlich die Mitarbeiter:innen – einzubeziehen und so zu Teilhabern zu machen. Denn wer seinen Unmut äußern kann, dem kann man auch zutrauen konstruktiv an Lösungen zu arbeiten.

Es ist naheliegend und doch zu selten, die eigenen Mitarbeiter:innen einzubeziehen.

Ein Beispiel aus unserer Praxis: Bei den Verantwortlichen eines Geschäftsbereiches eines großen deutschen Industrieunternehmens ist über die Jahre die Erkenntnis gereift, dass der altgediente Umgang mit Resultaten aus Mitarbeiterbefragungen nicht erfolgsvorsprechend ist – „man hat es ja nun schon ein paar mal erlebt“. Also warum nicht die eigenen Mitarbeiter:innen fragen was sie sich denn Wünschen um die eigene Situation zu verbessern und somit auch in die Verantwortung zu nehmen. Warum also nicht Betroffene zu Teilhabern der eigenen Zukunft machen?

Die Vorraussetzungen sind vorhanden – ein tolles Team mit einer bunten Mischung aus Erfahrung, Expertise und frischen Ideen. Dazu ein Geschäftsbereich dessen Perspektive auf Wachstum stehen und jede Menge positive Dinge, auf denen sich aufbauen lässt.

In einem virtuellen Workshop mit Teilnahme aller Mitarbeiter:innen inkl. Werksstudenten der Abteilung wurden die individuellen Erwartungen und Bedürfnisse zu einem gemeinsamen Bild herausgearbeitet – wir nennen das gerne „die gemeinsame Sache, das gemeinsame Verständnis einer Gruppe“. In dieser Phase der Arbeit geht es um das aufmerksame Zuhören und eine wertschätzende Gesprächsführung innerhalb einer Gruppe. Der Fokus liegt darauf, wirklich alle Stimmen zu hören und so ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten. Ist ein gemeinsames Bild vorhanden, lassen sich spezifische Lösungsstrategien erarbeiten und Handlungsoptionen ableiten. Wichtig ist dabei, den Blick auf den eigenen Gestaltungsraum zu legen. Zu einfach ist es, den benachbarten Abteilungen, den Prozessen, dem Markt oder Kunden für vieles was nicht gelingt verantwortlich zu machen. Es geht also darum, diejenigen Themen herauszuarbeiten, die aus eigener Kraft beeinflussbar sind.

Was ist nun im Ergebnis anders? Weshalb lohnt sich ein solch partizipatives und emergentes Vorgehen? Hier ein kurze Zusammenfassung meiner persönlichen Highlights:

  • Es wurde ein breites Spektrum an Themen und Lösungen herausgearbeitet. Klassische Themen des organisationalen Betriebssystems wie Kommunikation, Meetings, Informationsverfügbarkeit, Arbeitsverteilung aber auch überraschende Ansätze zu Themen wie wertschätzender Umgang miteinander, individuelle Weiterentwicklung, mehr Eigenverantwortung uvm. wurden entwickelt.

  • Betroffene sind zu Teilhabern geworden! Die Stillen und die Lauten, die Neuen und die Erfahren – alle hatten die Chance gehört zu werden. Gleichzeitig wurde viel mit- und übereinander gelernt.

  • Es ist ein Bewusstsein in der Gruppe darüber entstanden, was innerhalb des eigenen Einflussbereichs möglich ist. Dafür kann nun jeder Verantwortung übernehmen, die Maßnahmen sind breit akzeptiert.

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